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Liebevolle Feierabendväter
Gerhard Hafner

MÄNNER-POLITIKEN*Mit dem "Gendermainstreaming" kündigt sich das Ende der klassischen Frauenpolitik an

Tony Blair wickelt sein Baby auf dem G7-Treffen - das wäre der Gipfel. Politik besteht aus Gesten, doch im Flachland der Gesellschaft sind nicht einmal zwei Prozent der Väter in Deutschland bereit, im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes Erziehungsurlaub zu nehmen. Der Anteil lag nach der neuesten Statistik im Jahre 1997 mit insgesamt 13.630 Männern bei 1,81 Prozent (alte Bundesländer: 1,91 Prozent, neue Bundesländer: 1,16 Prozent).

Wenn es an der Gleichstellung zwischen Mann und Frau mangele, so sei dies ein mentales Problem der Männer, meinte noch Christine Bergmanns Vorgängerin Claudia Nolte. Sie wollte die Männer überzeugen, dass eine Pflichtenverlagerung innerhalb der Familie auch für sie und ihr Leben eine Bereicherung sein kann. Psychisches Wachstum soll die vertrockneten männlichen Gefühle beleben, die Fixierung auf Beruf und Macht schade dem Mann - damit lockt die Männerbewegung seit mehr als zwei Jahrzehnten. Sie propagiert die Entwicklung einer "lebensbejahenden und verantwortlichen Männlichkeit", den "liebevollen und fürsorglichen Umgang von Männern mit sich selbst.", auch den "aufmerksamen und zugewandten Umgang von Vätern mit ihren Kindern". Ein Männerzentrum spricht Väter an, "sich dem Leben mit Kindern umfassend und in allen Bereichen zu widmen, unabhängig von der Zeit, die dafür zur Verfügung steht".

Die winzige, aber durchaus medienwirksame Männerbewegung setzt auf freiwillige Veränderungen. Wenn Männeremanzipation weder auf Druck von Frauen entstünde noch von oben oktroyiert sei, wirke sie sich auch positiv auf die Partnerin und generell auf die gesellschaftliche Stellung des weiblichen Geschlechts aus. Der Verlust männlicher Privilegien ist mit einer solchen liberalen Strategie nicht zu erreichen, nicht einmal der Abbau von Männergewalt. Liebevolle Feierabendväter oder wickelnde Premiers allerorten, die Verantwortung für die Kinder bleibt jedoch weiterhin bei den Müttern. Emanzipation als guter Wille und Geste.

Wie in der Frage der häuslichen Männergewalt, vertrauen Feministinnen nicht mehr darauf, dass Männer alleine die Gleichstellung voranbringen. Die Männerbewegung konnte weder die Gewalt abbauen noch die Aufgabenverteilung in der Familie verändern. Veränderungen kommen nicht von unten, sondern sie werden von oben implementiert. Das Beispiel des schwedischen Väterurlaubs zeigt, dass nicht Slogans, sondern substanzielle Gratifikationen Männer zum Handeln veranlasst. Gendermainstreaming, die Verpflichtung, die Chancengleichheit für Frauen und Männer auf allen Ebenen durchzusetzen, heißt das zukünftige Motto.

Die 4. Weltfrauenkonferenz in Peking proklamierte im Jahre 1995, die Geschlechterperspektive in allen Bereichen der Verwaltung und Wirtschaft zu berücksichtigen. Bevor Regierungen Entscheidungen treffen, sollen alle Auswirkungen auf Frauen und Männer untersucht werden. Diese Pekinger "Platform for Action" soll endlich die Gleichstellung von Frauen einen entscheidenden Schritt weiterbringen.

Wenn sich Gendermainstreaming durchsetzt, wäre es das Ende der klassischen Frauenpolitik, dem Eckchen für das "Ministerium für Gedöns", wie Bundeskanzler Gerhard Schröder den Amtsbereich seiner Frauenministerin Christine Bergmann zu nennen pflegte. Es wäre der Anfang einer neuen Männerpolitik.

 

 


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