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Gewalt gegen Frauen 

A4-0250/1997
Protokoll vom 16/09/1997 - vorläufige Ausgabe


Entschließung zur Notwendigkeit einer Kampagne in der Europäischen Union zur vollständigen Ächtung der Gewalt gegen Frauen

Das Europäische Parlament,


- in Kenntnis des Entschließungsantrags von Herrn Martin zur Notwendigkeit der Durchführung einer unionsweiten Kampagne "Keine Toleranz bei
Gewalt gegen Frauen" (B4-0047/94),

- unter Hinweis auf das UN-Übereinkommen zur die Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen aus dem Jahr 1979 (CEDAW) und der
UN-Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen aus dem Jahr 1993,

- unter Hinweis auf den Bericht der Weltmenschenrechtskonferenz in Wien aus dem Jahr 1993 und auf die Aktionsplattform der
UN-Frauenkonferenz aus dem Jahr 1995,

- unter Hinweis auf die Erklärungen und Entschließungen der 3. Europäischen Ministerkonferenz des Europarates über gleiche Rechte für Frauen
und Männer und der Empfehlungen des Europarates zum Thema Gewalt in der Familie von 1985 und 1990,

- unter Hinweis auf die ausgezeichneten Berichte der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen, Frau Coomaraswamy, zur Gewalt gegen
Frauen,

- unter Hinweis auf das Vierte Aktionsprogramm für die Gleichstellung von Männern und Frauen (1996-2000) (KOM(95)0381),

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Juni 1986 zur Gewalt gegen Frauen(1),

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Dezember 1993 zur Pornographie(2),

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Mai 1994 zu den Freiheiten und Grundrechten der Frauen(3),

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Januar 1996 zum Menschenhandel(4),

- gestützt auf Artikel 148 seiner Geschäftsordnung,

- in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für die Rechte der Frau (A4- 0250/97),

A. in der Erwägung, daß gemäß den Artikeln 1, 3 und 5 der Allgemeinen Menschenrechtserklärung jede Form von Gewalt gegen Frauen, die als
Bedrohung für Leben, Freiheit oder Sicherheit der Person angesehen werden kann oder Folter oder eine grausame, unmenschliche oder
entwürdigende Behandlung darstellt, im Widerspruch zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte steht, weshalb Mitgliedstaaten, die keine
geeignete Politik zur Verhütung und Verfolgung von Gewalt gegen Frauen führen, den in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
enthaltenen internationalen Verpflichtungen nicht nachkommen,

B. in der Erwägung, daß die UN-Aktionsplattform von Peking Gewalt gegen Frauen definiert hat als jede Handlung geschlechtsspezifischer Gewalt,
die zu physischen, sexuellen oder psychischen Schäden oder Leiden für Frauen führt oder führen kann, einschließlich der Androhung solcher
Handlungen, Zwang oder Freiheitsberaubung,

C. in der Erwägung, daß Gewalt gegen Mädchen und Frauen durch Männer innerhalb und außerhalb der Familie, am Arbeitsplatz oder in der
Gesellschaft u.a. Mißhandlungen, Schläge, genitale und sexuelle Verstümmelung, Inzest, sexuelle Belästigung, sexuellen Mißbrauch, Frauenhandel
und Vergewaltigung umfaßt,

D. in der Erwägung, daß Gewalt gegen Frauen einen Verstoß gegen das Recht auf Leben, Sicherheit, Freiheit, Würde und körperliche und seelische
Unversehrtheit des Opfers und infolgedessen eine Behinderung der Entwicklung einer demokratischen Gesellschaft darstellt,

E. in der Erwägung, daß Gewalt gegen Frauen im allgemeinen unzweifelhaft mit den ungleichen Machtverhältnissen zwischen den Geschlechtern im
sozialen, wirtschaftlichen, religiösen und politischen Bereich zusammenhängt, die trotz nationaler und internationaler Rechtsvorschriften, die die
rechtliche Gleichstellung festlegen, bestehen,

F. in der Erwägung, daß laut den Statistiken der Vereinten Nationen die große Mehrheit der Opfer von Menschenrechtsverletzungen in der Welt
Frauen und Kinder sind,

G. in dem Bewußtsein, daß in der Europäischen Union Gewalt zu Hause gegen Frauen noch immer weit verbreitet ist und daß es keine oder nur
unzureichende rechtliche Instrumente auf nationaler Ebene gibt, auf die sich Frauen stützen können, um sich gegen gewalttätige Männer zu
verteidigen,

H. mit der Feststellung, daß jede Form von Gewalt aufgrund des Geschlechts, die in den Rahmen der CEDAW-Definition fällt, als Straftat angesehen
werden sollte,

I. in der Erwägung, daß die Unterzeichnerstaaten des UN-Übereinkommens über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung von Frauen
außerdem ausdrücklich verpflichtet sind, gegen Einzelpersonen, Unternehmen und Organisationen vorzugehen, die Gewalttaten gegen Frauen
begehen,

J. in der Erwägung, daß die Mehrzahl aller Fälle von Mißhandlungen nicht der Polizei gemeldet wird, was insbesondere dadurch bedingt ist, daß
geeignete rechtliche, soziale und wirtschaftliche Instrumente zum Schutz der Opfer fehlen mit dem Ergebnis, daß Gewalt gegen Frauen ein Verbrechen
mit einer hohen Dunkelziffer ist,

K. mit der Feststellung, daß vergleichbare Statistiken und Forschungsarbeiten in den meisten Mitgliedstaaten fehlen, sowohl zum Vorkommen von
Gewalt gegen Frauen innerhalb und außerhalb der Familie als auch zu den Auswirkungen der einzelnen politischen Maßnahmen zur Vorbeugung von
Gewalt und zu den wirtschaftlichen und sozialen Kosten der Gewalt,

L. unter Hinweis auf die vorhandenen Statistiken, wonach die Gewalt überall in unserer Gesellschaft vorkommt und Frauen dieser Gewalt tagtäglich
ausgesetzt sind,

M. in der Erwägung, daß Männer, die Mißhandlungen begehen, aus allen Altersgruppen und aus allen Milieus, Kulturen und
Gesellschaftsschichten kommen,

N. mit der Feststellung, daß die Gewalt von Männern gegen Frauen nach wie vor mit Mythen behaftet ist, beispielsweise, daß Gewalt zu Hause eine
Privatangelegenheit ist oder daß die Frauen durch ihr Verhalten die Gewalttätigkeit der Männer gegen sie bewirken,

O. mit der Feststellung, daß keine ausführlichen Untersuchungen über die sozialen Kosten und die Auswirkungen der Ausübung von Gewalt gegen
Frauen durch Männer vorliegen, insbesondere über die finanziellen Kosten für Wohnung, soziale Dienste, medizinische Betreuung, Polizeischutz,
Gerichts- und Versicherungskosten,

P. in der Erwägung, daß sexuelle Gewalt gegen Frauen äußerst belastende körperliche und seelische Folgen für sie hat und daß die Schaffung
geeigneter Therapiestrukturen gefördert werden muß,

Q. unter Hinweis auf die Ergebnisse einer kürzlich im Auftrag der niederländischen Behörden durchgeführten Studie, wonach allein in den
Niederlanden die durch Gewalt gegen Frauen verursachten gesamten jährlichen "Kosten" sich auf über 145 Mio. ECU belaufen,

R. unter Hinweis auf die Antworten der Mitgliedstaaten, wonach der wichtigste Fortschritt in den letzten zehn Jahren im rechtlichen Bereich, was die
Gewalt von Männern gegen Frauen betrifft, vor allem darin besteht, daß die Mehrzahl der Staaten die sexuelle Gewalt auch in der Ehe als strafbare
Handlung eingestuft hat,

S. mit der Feststellung, daß u.a. Polizei, Sozialarbeiter, Juristen, die gesetzgebenden Instanzen und andere öffentliche Bedienstete und Stellen nach
wie vor nur wenig über die spezifischen Bedürfnisse von Frauen wissen, die Opfer von Gewalt wurden,

T. in der Erwägung, daß die Opfer fortgesetzter Gewalt in einen Zustand der Unterwerfung und der Handlungsunfähigkeit verfallen,

U. mit der Feststellung, daß die Forschung darüber, welche Bedeutung Pornographie und Prostitution für die Gewalt von Männern gegen Frauen
hat, verstärkt werden muß,

V. in der Erwägung, daß Verstümmelungen der Geschlechtsorgane nicht hingenommen werden dürfen und ein Verbrechen darstellen,

W. in der Erwägung, daß Vergewaltigung als Mittel der aktiven Kriegsführung eingesetzt wird und daß sie in den Statuten des internationalen
Strafgerichtshofs für Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft wird,

X. in der Erwägung, daß in vielen Fällen von Gewalt gegen Frauen Alkohol im Spiel ist,

Y. in der Erwägung, daß Gewalt gegen Frauen zu Hause und im gesellschaftlichen Leben direkt und indirekt Kinder betrifft und häufig einen
Kreislauf von Gewalt und Mißhandlung in Gang setzt, der sich über Generationen fortsetzt,

Z. in der Erwägung, daß Gewalt gegen Frauen lang andauernde nachteilige Auswirkungen auf die emotionale und geistige Gesundheit von Kindern
hat,


1. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auf, sich dafür einzusetzen, daß die Erklärung von Peking zu einem
bindenden Übereinkommen für alle Unterzeichner wird;

2. vertritt die Auffassung, daß Gewalt aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit nicht nur ungleiche Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern in
unserer Gesellschaft widerspiegelt, sondern auch ein gewaltiges Hindernis für die Bemühungen zur Überwindung der Ungleichbehandlung von
Frauen und Männern darstellt;

3. betont, daß das Stillschweigen über die Gewalt in der Gesellschaft und insbesondere das Tabu, das auf der Frage der Gewalt in der Familie lastet,
beseitigt werden muß; weist darauf hin, daß jede Diskussion über Gewalt gegen Frauen aus der Sicht der Frauen geführt und darauf ausgerichtet
werden muß, die Position der Frauen zu stärken;

4. drängt die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, die Gewalt gegen Frauen auf der Grundlage der CEDAW-Definition zu einem
strafrechtlichen Tatbestand zu machen und eine Politik in Übereinstimmung mit den in diesem Übereinkommen festgelegten Verpflichtungen zu
führen;

5. fordert die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, neben dem Strafrecht im engen Sinn besondere Rechtsvorschriften zu erlassen zum Schutz der
Opfer von Gewalt aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit wie - beispielsweise im Bereich der Familiengesetzgebung - vereinfachte
Scheidungsverfahren, Sorgerecht für die Kinder und finanzielle Entschädigung, und außerdem besondere Gesetze gegen das Belästigung von
Frauen durch bedrohliches Verfolgen ("Stalking" ) zu verabschieden;

6. fordert die Kommission auf, eine vergleichende Untersuchung über die staatlichen und privaten Systeme der sozialen Sicherheit bzw.
Versicherungen in den Mitgliedstaaten durchzuführen, in denen diese Systeme oder Versicherungen keinen vollständigen oder nur einen begrenzten
Schutz für Opfer geschlechtsbedingter Gewalt bieten;

7. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, im Rahmen ihrer jeweiligen Maßnahmen der Situation von Wanderarbeitnehmerinnen als
Opfer von Gewalt aufgrund ihres Geschlechts besondere Beachtung zu schenken;

8. betont die Bedeutung der Schulung der Personen, die sich mit den Frauen beschäftigen, die Gewalt ausgesetzt sind, beispielsweise bei Polizei,
Justizwesen, Gesundheitswesen oder Wohnungs- und Sozialdienst; ist der Ansicht, daß eine solche Schulung für Richter, die mit Fällen
geschlechtsspezifischer Gewalt befaßt sind, obligatorisch sein sollte;

9. zeigt sich besorgt darüber, daß die Verbindung zwischen Gewalt zu Hause und Kinderschutz oft übersehen wird und daß viele Frauen daher
ständiger Mißhandlung ausgesetzt sind aufgrund von Gerichtsurteilen, die den Kontakt zwischen einem gewalttätigen Partner oder ehemaligen
Partner und seinen Kindern genehmigen; weist darauf hin, daß Maßnahmen zum Schutz der Kinder unter diesen Umständen auch den
nichtgewalttätigen Elternteil schützen sollten;

10. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, den Zusammenhang zwischen Gewalt gegen Frauen und Gewalt gegen
Kinder und den Kreislauf von Gewalt und Mißhandlung über Generationen hinweg, der sich daraus ergeben kann, zu erforschen;

11. verweist mit Besorgnis darauf, daß die rechtlichen Verfahren in vielen Mitgliedstaaten die Frauen häufig abschrecken, ihren Fall gegen ihren
Aggressor vor die Gerichte zu bringen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Durchführung der gerichtlichen Verfahren zu überprüfen und dafür zu
sorgen, daß Hindernisse beseitigt werden, die Frauen davon abhalten, rechtlichen Schutz zu erwirken;

12. weist darauf hin, daß sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sehr oft zwar Machtmißbrauch durch Vorgesetzte beinhaltet, Frauen aber auch
Belästigungen durch Kollegen und Kunden ausgesetzt sind und leichter Opfer von Belästigungen werden, wenn sie in unsicheren
Arbeitsverhältnissen stehen oder eine Beschäftigung ausüben, die mit Reisen weg vom Arbeitsplatz verbunden sind;

13. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine Initiative für ein Programm in den Schulen zu ergreifen, um Jungen und Mädchen
besser über die Auswirkungen geschlechtsspezifischer Gewalt aufzuklären und kooperative Mittel zur Beilegung von Konflikten zu entwickeln, damit
Einstellungen und Verhaltensweisen entgegengewirkt wird, die oft beinhalten, daß der Körper der Frau als Ware angesehen wird, und die
unausweichlich zu Gewalt führen;

14. fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, ihre Bemühungen zur Bekämpfung der Organisationen und Personen zu verstärken, die am Frauenhandel
beteiligt sind, der oft zu Zwangsprostitution führt, besondere Programme aufzustellen und spezifische Maßnahmen zur Unterstützung der Personen,
die Opfer erzwungener sexueller Ausbeutung sind, zu ergreifen;

15. fordert, daß die von der Kommission vorgesehenen Programme zur Bekämpfung des Frauenhandels mit dem Ziel der sexuellen Ausbeutung und
gegen die Gewalt gegen Frauen sich nicht auf Informationsmaßnahmen und Maßnahmen zur Verhütung von Prostitution beschränken, sondern auch
die Unterstützung von Initiativen zur Wiedereingliederung der Opfer vorsehen;

16. fordert die Mitgliedstaaten auf, anzuerkennen, daß in allen Fällen, wo Gewalt und Zwang im Zusammenhang mit Prostitution und Pornographie
vorkommen, rechtliche Maßnahmen gegen die dafür verantwortlichen Personen ergriffen werden müssen; fordert sie nachdrücklich auf, aktiv darauf
hinzuarbeiten, Frauen den Ausstieg aus dem Prostitutionsgewerbe zu erleichtern und sie dabei zu unterstützen;

17. fordert die Mitgliedstaaten auf, auf eine gemeinsame Politik gegen Pornographie und insbesondere gegen Kinderpornographie hinzuarbeiten,
wobei insbesondere die Verfügbarmachung solcher Pornographie im Internet zu berücksichtigen ist;

18. begrüßt die Initiative in einigen Mitgliedstaaten, zusätzlich zu wirksamen Strafen Programme für Täter zu entwickeln, die zum Ziel haben, daß
Männer die Verantwortung für ihre Handlungen übernehmen, und fordert ein größeres Engagement seitens der Mitgliedstaaten für solche
Initiativen;

19. ruft die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten auf, unverzüglich Untersuchungen darüber anzustellen, inwieweit bei Gewalt gegen Frauen
Alkohol eine Rolle spielt;

20. fordert die Mitgliedstaaten auf, unverzüglich und aktiv Unterstützung und Finanzmittel für unabhängige Dienststellen bereitzustellen, an die sich
Gewaltopfer wenden können, einschließlich Zufluchtsstätten und Unterkünfte, und Einrichtungen zu schaffen, die die Zusammenarbeit zwischen den
verschiedenen Dienststellen bei der Unterstützung von Frauen und abhängigen Kindern sicherstellen, damit diese ihr Leben neu gestalten können;

21. unterstreicht die Bedeutung geeigneter und 24 Stunden am Tag erreichbarer Notrufnummern, die kostenlos oder zum Ortstarif zu benutzen sind,
als eine erste Anlaufstelle für Informationen und Hilfe für Frauen, die Gewalt ausgesetzt sind oder waren;

22. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich auf eine gemeinsame Grundlage für die Erhebung von Statistiken über Gewalt gegen Frauen zu einigen, die
Informationen über die Frau, über ihren Aggressor, über Art und Ort des Angriffs, über das Verhalten der Frau nach dem Angriff und über die
Maßnahmen der Behörden, und zu welchem Ergebnis diese geführt haben, enthalten;

23. räumt jedoch ein, daß eine solche Statistik nie den wahren Umfang der Gewalt aufzeigen kann, da viele Vorfälle, einschließlich seelischer
Mißhandlung, Bedrohung und Einschüchterung, in solchen Statistiken völlig unberücksichtigt bleiben;

24. fordert die Mitgliedstaaten auf, daß in den schwereren Fällen von Handlungsunfähigkeit der Opfer Frauenvereinigungen oder geeigneten
Institutionen das Recht gewährt wird, vor Gericht im Namen der Opfer aufzutreten;

25. ist der Ansicht, daß es eine systematische Registrierung aller Fälle von Gewalt gegen Frauen geben sollte, die der Polizei, den Gesundheits- und
Sozialdiensten, Zufluchtsstätten und Notrufstellen oder Frauenorganisationen gemeldet werden, und fordert die Mitgliedstaaten auf, einen
Jahresbericht über die Entwicklung der Gewalt gegen Frauen auf der Grundlage der gesammelten Daten und Informationen auszuarbeiten;

26. betont die Bedeutung eines koordinierten Vorgehens für den Umgang mit dem Problem der Gewalt gegen Frauen auf nationaler Ebene und
begrüßt deshalb die in verschiedenen Mitgliedstaaten unternommenen Schritte, eine Strategie der verschiedenen beteiligten Behörden für die
Verhinderung von Gewalt und für die Behandlung der Folgen festzulegen;

27. empfiehlt nachdrücklich, daß die lokalen Initiativen sich auf ein organisations- und behördenübergreifendes Konzept stützen sollten, das Polizei,
lokale Behörden und Einrichtungen sowie Frauenorganisationen und NGO einbezieht;

28. unterstreicht die unverzichtbare Rolle, die nichtstaatliche Organisationen im Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen spielen, und fordert die
Mitgliedstaaten daher auf, den Aufbau solcher Organisationen aktiv zu unterstützen sowie einen angemessenen finanziellen Rahmen dafür zu
schaffen;

29. fordert, daß im 5. Forschungsrahmenprogramm Mittel vorgesehen werden für eine Untersuchung über die Kosten der Gewalt von Männern
gegen Frauen unter dem Aspekt des Gesundheitswesen, der Wohnung, der sozialen Dienste, des Rechtssystems, der verlorenen Arbeitstage und
der erforderlichen Maßnahmen zur Unterstützung von Kindern, die, wie die Forschung belegt, oft Zeugen solcher gewalttätiger Vorfälle sind und
unter den Folgen solcher Vorfälle zu leiden haben;

30. fordert den Rat (Justiz und Inneres) auf, Regeln für Einwanderung und Asyl festzulegen,

- damit aufgrund des Geschlechts bedrohte oder verfolgte Frauen in der EU aufgenommen werden, unter Berücksichtigung der Empfehlungen des
UN-HCR ;

- damit Frauen aus Drittstaaten bei einer Trennung von einem gewalttätigen Ehemann nicht ausgewiesen werden, es sei denn, es liegen dafür andere
Gründe vor;

31. fordert die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu prüfen, Frauen, die eine neue Identität aufgrund der
Verfolgung durch einen Mann erhalten haben, auch eine andere Staatsbürgerschaft zuzuerkennen;

32. fordert den Rat auf zu veranlassen, daß die Rechte der Frau in die Abkommen der EU mit Drittländern aufgenommen und respektiert werden;

33. spricht sich dafür aus, das Jahr 1999 zum Europäischen Jahr gegen die Gewalt gegen Frauen zu machen;

34. fordert die Kommission auf zu untersuchen, inwieweit die in einigen Mitgliedstaaten bereits unternommenen Kampagnen erfolgreich waren, um
daraus Elemente der "besten Praktiken" für eine europaweite Kampagne, die im Europäischen Jahr gegen Gewalt gegen Frauen durchzuführen wäre,
herauszufiltern und weiter zu nutzen;

35. fordert die Kommission auf, eine eigene Haushaltszeile für das Europäische Jahr gegen die Gewalt gegen Frauen und eine europaweite
Kampagne vorzuschlagen, um sicherzustellen, daß ausreichende Mittel zur Durchführung einer wirksamen Kampagne zur Verfügung stehen, an der
sich die Regierungen, Behörden, Frauenorganisationen und andere Nichtregierungsorganisationen beteiligen;

36. betont, daß eine solche europaweite Kampagne sich auf bewährte Praktiken gründen und der Bedeutung der Frauenorganisationen bei der
Planung und Durchführung solcher Kampagnen sowie der Notwendigkeit einer flexiblen Kampagne Rechnung tragen sollte, damit lokale, regionale
und nationale Abwandlungen des zentralen Themas möglich sind;

37. fordert, daß die Kampagne wirksame positive Bilder, Botschaften und Anzeigen beinhaltet, die Frauen als Überlebende der Gewalt statt als Opfer
der Gewalt darstellen;

38. spricht sich dafür aus, daß die Kampagne der Verteidigung der Frauen, die Gewalt durchgestanden haben, dienen soll wie auch der Vorbeugung
von Gewalt und der Behandlung der Täter, und daß diese Kampagne die Bevölkerung nachhaltig dafür sensibilisiert, daß Gewalt gegen Frauen alle
Bürger der Union angeht, insbesondere Kinder, die einem gewalttätigen häuslichen Umfeld ausgesetzt sind;

39. empfiehlt, daß eine solche Kampagne auf eine Veränderung der Haltungen in der Gesellschaft hinwirkt, damit eine vollständige Ächtung der
Gewalt gegen Frauen auf individueller, kollektiver oder institutioneller Ebene erreicht wird;

40. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)ABl. C 176 vom 14.07.1986, S. 73.
(2)ABl. C 20 vom 24.01.1994, S. 546.
(3)ABl. C 205 vom 25.07.1994, S. 489.
(4)ABl. C 32 vom 05.02.1996, S. 88.

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